Thuy Lien Nguyen ist deutsche Staatsbürgerin mit vietnamesischem Hintergrund und mit deutscher und vietnamesischer Staatsangehörigkeit. Sie studiert in Kiel Volkswirtschaft und befindet sich gegenwärtig am Ende des Masterstudiums.
Thuy Lien Nguyen wurde in Kiel geboren. Nach der Grundschule besuchte sie das Ernst-Barlach Gymnasium in Kiel und machte das Abitur.
Bereits im zarten Alter von vier Jahren hatte Thuy Lien die ersten Berührungen mit Japan, und zwar mit Anime, wie z.B. Sailor Moon und später mit der weltbekannten Manga-Serie Inuyasha, die Geschichten aus dem alten Japan mit der Gegenwart verbindet. Durch diese Serie, die 1996 auf den Markt kam und aus insgesamt 9.500 Seiten bestand, wurde Thuy Liens Interesse für Japan generell geweckt, und mit 13 Jahren lernte sie den Anime Naruto kennen, der ihr weiteres Leben bestimmen sollte.
Mit 13 fing Thuy Lien an, nach japanischen Internetseiten und mit den englischen Übersetzungen Japanisch im Selbstunterricht zu lernen, und ab 14 belegte sie einen Sprachkurs an der Volkshochschule Kiel. Mit 15 Jahren schloss sie sich dem Japanisch-Unterricht in der Humboldt-Schule bei Kathrin Bonn an; das war möglich, weil der Unterricht allen Schülern und Schülerinnen der Gymnasien in Kiel offenstand.
Im Foto links ist Thuy Lien in der vorderen Reihe die dritte von links; ganz links die Lehrerin Kathrin Bonn
Im Jahr 2010 hatte Thuy Lien ihre ersten direkten Berührungen mit ihrem Traumland Japan. Im Rahmen des Schüleraustausches der Humboldt-Schule mit der Ashiya Minami Senior Highschool in Kobe/Ashiya flog sie mit einer Schülergruppe und ihrer Lehrerin Kathrin Bonn vom 1.-10. September nach Japan. Das Leben in einer japanischen Familie, die bis heute anhaltende Freundschaft mit der Tochter Rie ihrer Gasteltern, die Teilnahme am Schulunterricht und die zahlreichen Ausflüge u.a. nach Osaka, Kyoto und Arima prägten und verfestigten ihre Zuneigung zu Japan. Auf dem Foto ist Thuy Lien im Kreise ihrer Gasteltern, Rie rechts neben ihrer Mutter.
Nach dem Abitur im Jahr 2012 ging Thuy Lien für ein Jahr als Aupair nach London und verbesserte an einem College ihre Englischkenntnisse, und außerdem war noch am Wochenende Zeit, an der Birkbeck University Japanisch zu lernen. Unter den dortigen Japanern und Japanerinnen lernte sie Mari, die aus Saitama kam, als Tandempartnerin kennen. Daraus entwickelte sich eine Freundschaft, die auch noch heute anhält. Zu der Zeit machte sie auch nähere Bekanntschaft mit Cosplay, ohne es aber zu praktizieren.
Nach Rückkehr aus England begann Thuy Lien das Studium der Volkswirtschaft an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Da sie gern weiter Japanisch lernen wollte, schloss sie sich einem Sprachkurs der Deutsch-Japanischen Gesellschaft Schleswig-Holstein an, der ebenfalls von Kathrin Bonn gegeben wurde; gleichzeitig wurde sie Mitglied in der Gesellschaft. Außerdem begann sie, sich intensiver mit Cosplay zu beschäftigen und auch japanische Videospiele zu spielen; Auslöser war ein Super Nintendo, das ihre Eltern auf einem Flohmarkt kauften, als sie fünf Jahre alt war.
Im Jahr 2014 reiste Thuy Lien auf eigene Faust für drei Wochen nach Japan. Sie besuchte für zehn Tage die Kansai-Region und natürlich ihre Gasteltern und ihre Freundin Rie in Nishinomiya (s. Foto links). Die zweiten zehn Tage verlebte sie in Tokyo und in der Kanto-Region; außerdem traf sie ihre Freundin Mari, die inzwischen aus London wieder nach Japan zurückgekehrt war. Besonderes Interesse hatte sie für das Videospiel Hakuouki, das sich mit dem Leben und Wirken der Shinsengumi befasst. Die Shinsengumi waren eine dem Kaiser ergebene Samurai-Gruppe, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Kyoto und in der Kansai-Region gegen die erzwungene Öffnung Japans kämpften. Die Besuche der historischen Stätten des Wirkens der Samurai waren ein wichtiger Programmpunkt ihrer Reise.
Für das Jahr 2018 hatte Thuy Lien ein einjähriges Studium an der Kobe University geplant. Die Volkswirtschaftliche Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel hatte seit kurzem eine Art Partnerschaft mit der Kobe University mit einem Studenten-austausch. Eine Erkrankung verhinderte die für Ende März geplante Abreise, und so musste sie das Studium in Kobe ins nächste Jahr verschieben. Am 31. März 2019 konnte Thuy Lien ihr Studium an der Kobe University in den Fächern Japanisch und Economics beginnen. Sie traf auch ihre Freundin Mari aus London wieder, die nach Japan zurückgekehrt war.
Sie wohnte in einem Studentenwohnheim im Stadtteil Higashinada-ku von Kobe. Die Ansprechpartnerin für internationale Studenten der Wirtschaftsfakultät Naoko-san war eine große Unterstützung zu Beginn und während des Studiums an der Kobe University. Die knappe Freizeit nutzte Thuy Lien, um nach Versuchen mit der Shakuhachi und Shamisen im Hougakubu-Club das Saiten-instrument Koto zu lernen; für eine Teilnahme im „Mangawissen-schaftsclub“ der sie sehr interessierte, reichte die Freizeit leider nicht mehr.
Die Clubaktivitäten in Japan sind deutlich anstrengender und intensiver als in Deutschland, häufig zwei- bis dreimal pro Woche bis 22 Uhr nach den Vorlesungen. Im Dezember 2019 wirkte Thuy Lien als Koto-Spielerin mit allen Hougaku-Clubmitgliedern an einem Konzert in der Aula der Universität mit.
Eine Kommilitonin und Freundin der Kobe University aus Vietnam namens Xu machte sie mit der Nendoroid-Fotografie vertraut; Nendoroids sind niedliche, kleine Plastikfiguren, die meistens eine inhaltliche Verbindung zu einem Manga oder Anime haben. Außerdem besuchte sie viele Tempel und Schreine und sammelte eifrig Goshuins, das sind Stempel, die den Besuch bestätigen; Goshuin-Sammeln ist ein beliebtes Hobby in Japan.
Im September 2019 besuchte Thuy Liens jüngerer Bruder Chi Tam Japan. Da auch er ein Fan von Manga, Anime und Cosplay ist, besuchten sie viele sehenswerte Plätze, natürlich auch den Naruto-Themen Park.
Nach einem Jahr musste Thuy Lien Japan wieder verlassen. Eine Woche vor dem Rückflug luden die Gasteltern Thuy Lien an ihrem Geburtstag zu einem Abschiedsessen ein. Der für den 25. März 2020 festgelegte Rückflug mit der Fluggesellschaft Emirates wurde wegen der Corona-Pandemie kurzfristig gestrichen. Zum Glück bekam sie noch einen Platz in einem der für längere Zeit letzten Flüge der Lufthansa aus Japan nach Deutschland.
Ihre Erfahrungen in Japan beschrieb Thuy Lien so: Allgemein hat sich mein Horizont durch meinen Japanaufenthalt sehr erweitert. Meine Interessen und meine Hobbies erweiterten sich, aber auch das „Japanisch denken“ lernte ich . Die Zeit und das Leben dort gehören wirklich zu den schönsten Zeiten meines bisherigen Lebens, da ich viel über Japan und mich selbst gelernt habe.
Das Leben in Kiel nach ihrer Rückkehr war durch die Fortsetzung ihres Studiums unter den erschwerten Bedingungen der Corona-Pandemie bestimmt. Im August 2021 übernahm sie als Lehrerin den japanischen Sprachkurs für Fortgeschrittene der Deutsch-Japanischen Gesellschaft Schleswig-Holstein von ihrer früheren Lehrerin Kathrin Bonn.