Bruno Bitter

Das Leben von Bruno Bitter lag lange Zeit weitgehend im Dunkeln. Über seinen Weg nach Japan und über sein Wirken dort war so gut wie nichts bekannt. Erste Spuren fand ich im Archiv der Stadt Kiel, und detaillierte Informationen erhielt ich aus dem Archiv der Jesuiten Provinz aus Tokyo.

Gustav Bruno Maria Bitter wurde am 14.Oktober 1898 in Kiel geboren. Sein Vater war Rechtsanwalt und Reichstagsabgeordneter, und die Familie wohnte in der Beselerallee. Im Jahr 1912 zog die Familie mit ihren vier Kindern nach Leipzig. Bruno Bitter besuchte von 1905 bis 1910 die Kieler Gelehrtenschule und machte das Abitur 1916 in Montabaur. Nach dem Krieg, an dem er aktiv teilnahm, studierte er von 1919 bis 1925 in Leipzig und absolvierte das Jesuiten-Noviziat am Ignatiuskolleg in Valkenburg in Holland und in Oxford. Er erwarb 1931 den Doktor der Philosophie und 1932 den Doktor der Theologie. Bereits im Jahr 1928 wurde er zum Bevollmächtigten der Deutschen Jesuiten Mission in Japan ernannt, insbesondere für die von Jesuiten gegründete Sophia Universität. Die Sophia Universität wurde 1913 im Auftrag von Papst Pius X von dem deutschen Jesuiten Joseph Dahlmann gegründet, erster Rektor war der deutsche Jesuit und Philosoph Hermann Hoffmann.

Bei seiner Ernennung hatte Bitter seinen Wohn- und Amtssitz in Köln. Er begann umgehend, Spenden für einen Neubau der Sophia Universität zu sammeln und reiste zu diesem Zweck auch mehrfach in die USA. Bereits 1932 konnte der Neubau im Tokyoter Stadtteil Yotsuya vollendet werden, und zur Einweihungsfeier flog Bitter nach Japan. Bereits 1930 hatte Bitter erstmals für vier Wochen Japan besucht, und 1934 übersiedelte er endgültig nach Tokyo. Zur Unterstützung der Spendenaktion veröffentlichte Bitter bereits ab 1929 die periodisch erscheinende Schrift Aus dem Land der aufgehenden Sonne, die bald überall als Bitterblättchen bekannt wurde. Die Schrift erschien, nur vom zweiten Weltkrieg unterbrochen, bis 1989 und war die wichtigste Informationsquelle über die Jesuiten in Japan.

Von 1934 bis 1949 war Bitter Finanzdirektor der Sophia Universität und in den Jahren 1942 bis 1948 sogar Rektor. Im Jahr 1937 gründete er die Mittel- und Oberschule „Rokko Highschool“ in Kobe; gleichzeitig errichtete er das Noviziat in Hiroshima. Im zweiten Weltkrieg rückte Bitter stärker in das Licht der Öffentlichkeit, zumal er wegen seiner häufigen Reisen in die USA, insgesamt 15mal, auch dort eine bekannte Persönlichkeit geworden war, und so versuchte die japanische Regierung, ihn indirekt zur Vermittlung zwischen Japan und den USA einzuschalten; Bitter lehnte ab (vgl. Peter Janocha, Spurensuche, S. 96f).

Nach Kriegsende steuerte die Karriere Bitters ihrem Höhepunkt entgegen. Er wurde als Vertreter des Apostolischen Nuntius bei General Douglas McArthur ernannt und als Diplomat bei dem „Supreme Commander of the Allied Powers“ (SCAP) akkreditiert. Er wirkte mit bei der Erweiterung des Campus der Sophia Universität, beim Bau der Ignatiuskirche in Tokyo, bei der Gründung der Eiko Highschool, die gleichzeitig die japanische Sprachschule der Jesuiten in Japan wurde, auf dem Gelände einer ehemaligen U-Boot-Basis in der Präfektur Kanagawa und bei vielen Projekten von Vertretern anderer religiöser Gruppierungen, so dass man ihm den Beinamen „der Gründer“ gab.

Seine Meinung und seine Vermittlungen wurden von amerikanischen und japanischen Stellen bei so wichtigen Fragen wie Abschaffung des Kaiserhauses oder Zerstörung des umstrittenen Yasukuni-Schreins in Tokyo erbeten.* Da er sich bei einigen Projekten und Aktivitäten manchmal auch an der Grenze der Legalität bewegte, machte er sich auch Feinde und hatte Neider, und so wurde er auch einmal angeklagt und vor Gericht gestellt, allerdings wohl nicht verurteilt. Er wirkte in vielen sozialen und karitativen Institutionen mit und war einige Jahre sogar Vorstandsmitglied der Japanisch-Deutschen Gesellschaft Tokyo. Im Jahr 1953 verlieh Bundespräsident Theodor Heuss Bruno Bitter das Große Bundesverdienstkreuz. 

Anfang der 1980er Jahre erkrankte Bitter an Krebs und verbrachte seine letzten Jahre in dem neu errichteten „Loyola House“, das Erholungs- und Fortbildungszentrum der Jesuiten in Tokyo. Am 21. Januar 1988 starb Bruno Bitter im Alter von fast 90 Jahren friedlich in einem Krankenhaus in Tokyo.

Nach den Aussagen der Jesuiten Provinz in Tokyo war Bruno Bitter in Japan eine bekannte und geachtete Persönlichkeit. Erstaunlich ist daher, dass er in dem Aufsatz von Harald Fuess Deutsche Jesuiten in Japan im Jahrbuch des Deutschen Instituts für Japanstudien, Tokyo, Band 17 (2005) nur am Rande erwähnt wird.

*Nach jüngeren Erkenntnissen soll Bitter nicht bei derartigen politischen Fragen eingeschaltet worden sein.