Die freiwillige Abschottung Japans vom Ausland seit etwa 1640 fand im Jahr 1853 ein Ende, als der amerikanische Commodore Matthew Calbraith Perry mit seinen „black ships“ in der Bucht von Edo (Tokyo) auftauchte und unter Androhung von Gewalt die Öffnung Japans für amerikanische Schiffe und Staatsbürger forderte. Dieses Ereignis leitete die Ablösung der Tokugawa-Herrschaft, also das Ende der Shogune und die Wiedereinsetzung des Kaisers, ein. Im Jahr 1867 gab der letzte Shogun Yoshinobu die politische Macht an den noch jungen Kaiser Mutsuhito ab; er regierte vom 25. Januar 1868 bis zu seinem Tod am 30. Juli 1912.
Diese Zeit bezeichnete man als Meiji-Restauration, also die Erneuerung der kaiserlichen Macht und damit die Schaffung eines neuen politischen Systems in Anlehnung an westliche Systeme, womit auch eine völlige Umgestaltung der japanischen Gesellschaft verbunden war. Formal kann man als Ende der Meiji-Restauration auch das Inkrafttreten der ersten japanischen Verfassung im Jahre 1890 mit dem ersten Ministerpräsidenten Hirobumi Ito bezeichnen. Kaiser Mutsuhito (Bild rechts) ging in die Geschichte als der Meiji-Tenno ein; „Meiji“ bedeutet etwa „aufgeklärte Herrschaft“.
Commodore Perry kehrte 1854 mit seinen Schiffen zurück, und nach einem Vorvertrag im gleichen Jahr wurde 1858 zwischen Amerika und Japan ein Freundschafts- und Handelsvertrag abgeschlossen, der den Amerikanern Häfen für den Handel öffnete und ihnen weitere Rechte einräumte. Ebenfalls im Jahr 1858 sah sich Japan gezwungen, ähnliche Verträge mit Russland, den Niederlanden, England und Frankreich abzuschließen. Während in dem Vorvertrag 1854 nur die beiden Häfen Shimoda und Hakodate für Amerikaner geöffnet wurden, sollten nach den 1858er Verträgen nach einem vereinbarten Zeitplan die Häfen Kanagawa/Yokohama und Nagasaki (1859), Niigata (1860), Edo (1862) und Hyogo/Kobe und Osaka (1863) geöffnet werden; diese Termine wurden allerdings nicht eingehalten. Die Verträge wurden aus japanischer Sicht als die „ungleichen Verträge“ bezeichnet, da sie den Ausländern Rechte einräumten und den Japanern Pflichten auferlegten. Wie eingangs erwähnt, schloss Preußen erst im Jahr 1861 einen Vertrag mit Japan, der erst nach Gründung des deutschen Reiches 1871 auf ganz Deutschland ausgedehnt wurde.
Die vom Westen erzwungene Öffnung Japans und der Übergang der Staatsgewalt vom Shogun auf den Kaiser vollzogen sich nicht reibungslos. Der Abschluss der „ungleichen Verträge“ durch die Shogunatsregierung löste heftige Debatten in der japanischen Bevölkerung aus. Einige Regionalfürsten – Daimyos – lehnten eine Öffnung Japans ab und/oder setzten sich für eine Aufrechterhaltung der Shogunatsregierung ein, andere wiederum unterstützten die Öffnung und/oder wollten die Wiederherstellung der Macht des Kaisers. Kurz nach der Einsetzung von Kaiser Mutsuhito 1868 brach ein Bürgerkrieg – der Boshin-Krieg – aus, in dem die „Kaiserlichen“ gegen die „Aufständischen“ um die Macht kämpften. Im Jahr 1869 besiegten die kaiserlichen Truppen die rebellierenden Daimyos und vertrieben sie nach Hokkaido. Die ausländischen Kaufleute, die nach Abschluss der Freundschafts- und Handelsverträge ab 1858 nach Japan kamen, waren also nicht immer willkommen und hatten ein gefährliches Leben. Insbesondere die deutschen Kaufleute, die ebenfalls ab 1859 ins Land kamen, befanden sich in einer sehr schwierigen Situation, denn es gab noch keinen deutsch-japanischen Vertrag, und so durften sie sich in Japan legal nicht aufhalten. Ihnen blieb nur die einzige Möglichkeit, sich z. B. als Holländer oder Engländer auszugeben.
Erst nach Ende des Boshin-Krieges trat Ruhe ein, und mit der Festigung der Macht des Kaisers, mit dem Bekenntnis zur uneingeschränkten Öffnung des Landes und zur Modernisierung der japanischen Wirtschaft und Gesellschaft konnte sich das Leben der Ausländer in Japan normalisieren. Um den politischen und wirtschaftlichen Anschluss an den Westen so schnell wie möglich zu erreichen, holte Japan ausländische Experten ( oyatoi gaikokujin) aus allen Wissensgebieten ins Land, die als Lehrer und Berater tätig waren; insgesamt sollen es etwa 3000 Experten gewesen sein. Außerdem schickte Japan Studenten zur Ausbildung nach Europa, entsandte diplomatische Missionen (z.B. Iwakura-Mission 1871-1873) und nahm an den ersten Weltausstellungen teil. Unter den europäischen Experten waren auch etliche Deutsche, z.B. aus der Medizin, dem Rechts- und Militärwesen, die auch als die „Meiji-Deutschen“ bekannt wurden. Die am 11. Februar 1889 verkündete erste japanische Verfassung wurde maßgeblich von deutschen Staatswissenschaftlern beeinflusst; sie trat am 29 November 1890 in Kraft. Erster japanischer Ministerpräsident (1885 – 1888) war Fürst Hirobumi Ito (Foto), der mehrmals in Deutschland war.
In diesem Zusammenhang soll auch der Staatsrechtler Lorenz von Stein erwähnt werden. Er wurde 1815 in Borby bei Eckernförde geboren, lehrte ab 1846 an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel und nahm 1855 einen Ruf an die Universität Wien an. Auf seinem Landgut bei Wien starb er im Jahr 1890. Fürst Ito besuchte von Stein 1882 in Wien und lud ihn auch als Berater der Regierung nach Japan ein, aber von Stein lehnte wegen seines fortgeschrittenen Alters ab.
In dieser Zeit waren auch einige Schleswig-Holsteiner in Japan, z. B.
- der Kaufmann Arthur Richard Weber aus Altona
- der Kaufmann Charles Braess aus Lübeck
- der Seemann Klaus Schmidt aus Kiel-Ellerbek
- der Lehrer Emil Hausknecht aus Berlin/Kiel
- der Lehrer Erich Heise aus Kiel
- der Dolmetscher und Diplomat Karl Mechlenburg aus Leck
- der Pfarrer Emil Schiller aus Husum
- Prinz Heinrich von Preußen, der Bruder des Kaisers Wilhelm II
- Emil Hansen aus Nolde, bekannt als Emil Nolde
Außerdem waren weitere Schleswig-Holsteiner in Japan, über deren Lebensweg und insbesondere über ihren Weg nach Japan nur unzureichende Informationen vorliegen. Sie werden mit einem Kurzportrait vorgestellt mit der Hoffnung, dass sich doch noch zusätzliche Quellen finden lassen.
Zu den deutschen Kaufleuten in Japan kurz vor und während der Meiji-Zeit vgl. Janocha, Peter: Schwieriger Beginn in der Fremde – Norddeutsche Kaufleute erschließen den japanischen Markt“, StuDeO-Studienwerk Deutsches Leben in Ostasien e.V., Ausgaben September, Dezember 2011 und April 2012.
Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts hatte sich Japan weitgehend „emanzipiert“. Im Jahr 1899 wurden die „ungleichen Verträge“ durch neue Verträge ersetzt. Die Industrialisierung zeigte erste Erfolge, beginnend mit der Textilindustrie, und der internationale Handel durch japanische Firmen nahm zu. Der Wissenstransfer nach dem bisherigen Muster nahm ab, Japan holte keine ausländischen Experten mehr ins Land, die Verträge mit den bisherigen Fachleuten in Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung liefen aus und wurden nicht verlängert. Um die Jahrhundertwende war die deutsche „Gelehrtenkolonie“ in Japan so gut wie verschwunden. Nach dem gewonnenen Krieg gegen Russland 1904/05 wuchsen das japanische politische Selbstbewußtsein und die respektvolle Anerkennung des Westens.