Der erste Schleswig-Holsteiner in dieser Zeit in Japan war Arthur Richard Weber. Weber wurde am 5. September 1841 in der schleswig-holsteinischen Stadt Altona geboren. Nach einer kaufmännischen Ausbildung in Hamburg und Zusatzausbildungen in London und Amsterdam schloss er einen dreijährigen Arbeitsvertrag mit der Firma L. Kniffler & Co. in Nagasaki ab. Die Firma Kniffler gehörte zu den deutschen Pionierfirmen in Japan und hatte im Jahr 1859 wohl die erste deutsche Niederlassung auf der künstlichen Insel Deshima im Hafen von Nagasaki gegründet. Im Herbst 1862 verließ Weber an Bord des Schiffes „Kreuzfahrer“ Europa und kam nach fünfmonatiger Seereise im März 1863 in Nagasaki an. Er arbeitete einige Jahre für die Firma Kniffler in Nagasaki, Yokohama, wieder in Nagasaki und für kurze Zeit auch in Kobe. Im Jahr 1868 verließ er Kobe, um nach einer abenteuerlichen Reise in der Hafenstadt Niigata an der Japan-See eine Handelsniederlassung zu errichten. Dort blieb er bis 1876, um dann nach Deutschland und nach Hamburg zurückzukehren; dort starb er am 13. März 1920.
Arthur Richard Weber hat aus zwei Gründen einen nachhaltigen Fußabdruck in den deutsch-japanischen Beziehungen hinterlassen:
- Er war der erste europäische Kaufmann, der sich unmittelbar nach Beendigung des Bürgerkrieges zwischen den Anhängern des Kaisers und den Gefolgsleuten des Shoguns in das heftig umkämpfte Niigata traute, um sich dort als Kaufmann niederzulassen.
- Nach seiner Rückkehr nach Hamburg hat Weber 1886 ein Buch mit dem Titel Kontorrock und Konsulatsmütze geschrieben, das allgemein als ein Schlüsselroman über das frühe Wirken deutscher Kaufleute in der Zeit des Übergangs von der Herrschaft der Shogune auf den Kaiser bezeichnet wird.
Weber schrieb das Buch unter dem Namen Arw. Solano, er nannte sich selbst Flügge, und auch für alle Kaufleute und sonstige Zeitgenossen verwendete er Pseudonyme. Das in Deutschland schnell vergriffene Buch wurde im Jahr 1939 von der OAG (Deutsche Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens) in Tokyo neu aufgelegt. Der damalige Vorsitzende Kurt Meissner fügte einen Namensschlüssel hinzu, der den von Weber beschriebenen Personen ihre wahren Namen zuordnete und so die ersten deutschen Kaufleute in Japan „lebendig“ werden ließ.
Weber lebte von 1868 bis 1876 in Niigata und wurde dort ein angesehener und wohlhabender Kaufmann. Als allerdings die Zusammenarbeit mit seinem Partner C. E. Adolph Leysner, der 1869 als Kaufmann und deutscher Honorarkonsul nach Niigata kam, zunehmend schwieriger wurde, kehrte er 1876 nach Deutschland zurück. In seinem Buch hat Weber ausführlich über die Zeit in Niigata und die Probleme mit Leysner geschrieben. In Hamburg heiratete er Clara Maria Güntzel und bekam mit ihr drei Söhne; beruflich konnte er sich aber in Deutschland nicht einleben und verlor einen großen Teil seines Vermögens an der Börse. In einem zweiten Buch mit dem Titel Überseer daheim, das 1888 erschien, schrieb er über sein Leben in der Heimat, erwähnte allerdings nicht seinen Aufenthalt in Japan und verflocht zudem Dichtung und Wahrheit miteinander.
Das abenteuerliche Leben von Weber in Japan hat mich so fasziniert, dass ich begann, mehr über sein Leben nach Japan in der Heimat herauszufinden. Mir gelang es, eine Urenkelin von Weber zu finden, die alte Fotos und sonstige Materialien hatte, und so entstand eine Broschüre mit dem Titel Arthur Richard Weber – Ein norddeutscher Kaufmann in Japan zur Zeit der Meiji-Restauration (IUDICIUM Verlag München 2014). Masatoshi Aoyagi aus Niigata, Vorstandsmitglied der Japanisch-Deutschen Gesellschaft Niigata und stellvertretender Direktor des Historischen Museums der Präfektur Niigata, den ich über Umwege kennengelernt hatte, forschte in den örtlichen Archiven und fand etliche Spuren über das Leben und Wirken von Weber in Niigata, die er in zwei Kapiteln in die Broschüre einbrachte und Mitautor wurde. Obwohl Weber der erste ausländische Kaufmann in Niigata war und auch am längsten von allen ausländischen Kaufleuten dort gelebt hatte, war er in Niigata nahezu völlig unbekannt. Herr Aoyagi beschloss daher, eine Version unserer gemeinsamen Broschüre in japanischer Sprache herauszubringen, die er allerdings an einigen Stellen modifizierte, um den japanischen Lesern das in Japan und Niigata weitgehend unbekannte Schleswig-Holstein etwas näher zu bringen. Wir hoffen, dass diese beiden Broschüren Weber den an den historischen deutsch-japanischen Beziehungen Interessierten wieder etwas mehr in Erinnerung bringen.