Dr. Emil Hausknecht ist kein gebürtiger Schleswig-Holsteiner, aber er hat einige Jahre in Kiel an prominenter Stelle gewirkt und nachhaltige „Fußabdrücke“ bis in die Gegenwart hinterlassen, so dass er hier vorgestellt werden soll.
Emil Paul Karl Heinrich Hausknecht wurde am 23. Mai 1853 in Treskow in der Provinz Brandenburg geboren. In den Jahren 1872/73 studierte er Geschichte und Alte und Neue Sprachen in Berlin. Nach einigen Auslandsaufenthalten kehrte er 1876 nach Berlin zurück, legte die Prüfung für das Lehramt an Höheren Schulen ab und promovierte 1879 in romanischer und englischer Philologie. Ab 1882 war er mehrere Jahre am Falk-Realgymnasium in Berlin tätig; dort wurde ihm 1886 über die japanische Botschaft in Berlin ein Vertrag als Lehrer für Erziehungswissenschaften an der Tokyo-Universität angeboten. Er nahm an, verließ am 15. November 1886 Berlin und traf am 9. Januar 1887 in Yokohama ein. Um die Bedeutung der Hausknecht übertragenen Aufgabe einzuordnen, vgl. Janocha, Peter, Spurensuche... und die dort zitierten Quellen.
Hausknecht hielt Vorlesungen über deutsche Literatur und Erziehungswissenschaften und gab deutschen Sprachunterricht. Als im Jahr 1889 die erste erziehungswissenschaftliche Abteilung zur Ausbildung von Mittelschullehrern in Japan eingerichtet wurde, übernahm Hausknecht die Leitung und führte die Studenten bis zum Abschluss. Außerdem wurde Hausknecht die ehrenvolle Aufgabe übertragen, einen Lehrplan für den dritten Sohn von Kaiser Mutsuhito auszuarbeiten. Yoshihito wurde 1879 geboren und hatte bis zum siebenten Lebensjahr eine traditionelle Ausbildung im Rahmen der kaiserlichen Familie erhalten. Der Meiji-Kaiser befürchtete aber, dass diese Ausbildung des Kronprinzen nicht für die Anforderungen an ein Staatsoberhaupt eines modernen Japans ausreichen würde. Hausknecht entwickelte einen langfristigen Ausbildungsplan, der eine zehnjährige Schulzeit an einer öffentlichen Schule und ein Studium an einer europäischen Universität vorsah. Yoshihito begann 1887 seine Schulzeit an der Gakushuin-Grundschule, die schon damals den Ruf einer Adelsschule hatte. Er konnte seine Ausbildung allerdings nicht beenden, da Kaiser Mutsuhito im Jahr 1912 starb und Yoshihito im Alter von 33 Jahren zum Kaiser gekrönt wurde.
Im Juli 1890 kehrte Hausknecht nach einer sechs-monatigen Vertragsverlängerung nicht ganz freiwillig nach Deutschland zurück. Nach einigen Jahren Unterricht an Berliner Schulen erhielt er einen Ruf des Magistrats der Stadt Kiel, um die Leitung der Doppelschule Oberrealschule und Reform-Realgymnasium, die spätere Humboldt-Schule, zu übernehmen. Im Jahr 1900 trat Hausknecht die neue Aufgabe an und war Rektor der Schule bis Oktober 1906, als er im Alter von 53 Jahren um seine Entlassung bat. Auch dieser Abschied war nicht ganz freiwillig, denn es soll unüberbrückbare Probleme mit dem Lehrerkollegium gegeben haben. In diesen knapp sechs Jahren in Kiel hat Hausknecht, wenn auch unbeabsichtigt, die Grundlagen für eine Hinwendung der Humboldt-Schule zu Japan gelegt, die nach 80 Jahren von dem damaligen Direktor wieder mobilisiert wurden; doch dazu später mehr.
Hausknecht ließ die Kontakte zu Japan während seiner Kieler Zeit nicht abreißen. Ehemalige Schüler und auch japanische Regierungsbeamte kamen auf Fortbildungsreisen nach Europa gern nach Kiel, um Hausknecht zu besuchen und um die Funktionsweise eines deutschen Gymnasiums kennenzulernen. Einer seiner Besucher war Baron Naibu Kanda, er blieb vom 19. November 1900 bis zum 21. Januar 1901 in Kiel und hielt seine Erfahrungen und Erlebnisse in einem Tagebuch fest. Über ein besonderes Erlebnis am 5. Dezember 1900 notierte er: Nach dem Essen gingen Hausknecht und ich in eine „social beer drinking company“ in einem Hotel und wir hatten einen vergnüglichen Abend. Dort trafen wir Professoren und Beamte und andere. Ich sah zum ersten Mal, wovon ich schon so viel gehört hatte, den sogenannten Stammtisch.
Naibu Kanda war Professor für englische Sprache und unterrichtete nach seiner Rückkehr nach Japan Englisch an den beiden neben der Kaiserlichen Universität Tokyo wichtigsten und bekanntesten Universitäten Japans, der Handelshochschule Tokyo, die spätere Hitotsubashi University, und der Adelshochschule, die spätere Gakushuin University.