Helmut Ketel hat als Person wohl den nachhaltigsten Eindruck in Japan hinterlassen, übrigens auch für mich persönlich, wenn auch nur indirekt.
Hellmuth Friedrich Carl Ernst Ketel wurde am 25. April 1893 in Wedel geboren. Er hat sich nach seiner Ausbildung wahrscheinlich als Freiwilliger zur Marine gemeldet und wurde 1914 nach Tsingtau versetzt. Dort tat er Dienst auf dem Kreuzer „Emden“. Nach der Kapitulation kam er zuerst in das Aufnahmelager Tokyo-Asakusa und 1915 in das Barackenlager Narashino. Im Dezember 1919 wurde er wie alle Kriegsgefangenen entlassen, kehrte aber nicht in die Heimat zurück. Er war von den mir bekannten Schleswig-Holsteinern der einzige, der in Japan blieb. Nach einigen erfolglosen Versuchen, sich selbständig zu machen, eröffnete er 1927 mit seiner japanischen Frau in einer Nebenstraße der berühmten Geschäftsstraße Ginza in Tokyo die Bar „Rheingold“ und drei Jahre später daneben das deutsche Restaurant „Ketel“.
In den 1930er Jahren besuchten häufig deutsche Touristen und andere Japanreisende das Restaurant, darunter offenbar auch ehemalige Mitgefangene und auch deutsche Parteigenossen. Sogar der deutsche Spion Richard Sorge soll dort Gast gewesen sein, weil seine japanische Frau Hanako Ishii für einige Zeit in der Bar „Rheingold“ als Hostess gearbeitet haben soll.
Helmut Ketel hatte mit seiner japanischen Frau vier Kinder. Während des zweiten Weltkrieges lebte er in einem „Ausländerdorf“ in der Präfektur Nagano, wo er eine Bäckerei betrieb. Nach Kriegsende kehrte Ketel nach Tokyo zurück und führte sein Restaurant weiter; ab 1955 übernahm seine Tochter Elise die Geschäftsführung. Helmut Ketel starb am 14. Januar 1961 und wurde in dem Städtchen Chigasaki südlich von Tokyo beigesetzt. Danach führte offenbar sein Sohn Karl das Restaurant weiter, bis es im Jahr 2004 geschlossen wurde.
Als ich im Jahr 1967 für einige Monate in Tokyo gelebt habe, bin ich an Sonntagen gern ins „Ketel“ gegangen, um z.B. Schweinebraten mit Rotkohl und Salzkartoffeln zu essen.